dayliary, 06.04.2016
wenn es oft genug und lange genug gemacht wird, und da sind vor allem die wiederholungen wichtig, dann fühlt sich irgendwann sogar der hamster wie eine katze, der vogel wie ein käfer, der tiger wie ein fisch – man muss es nur verkaufen, wiederholen, glaubhaft machen, es dem jeweiligen gegenüber lange genug einreden. und wenn etwas oder jemand sich lange genug unter dem aspekt des er oder sie oder es wäre besonders, ausgezeichnet vor all den anderen, anders als alles andere, was sonst so kreucht und fleucht verhält, ja das kann dann schon geschehen dass dieses sich besonders, ausgezeichnet und auserwählt fühlende wesen nach einer unartigen facon lebt. unartige dinge tut. also unartig in dem sinne, dass es dann irgendwann gar nicht mehr seiner art entspricht und dies wiederum aber nicht weiß, weil es ja denkt es wäre ganz etwas anderes und auch gar nicht weiß, was seine art so eigentlich ist, weil es immer nur viel, zu viel und viel zu oft auf die anderen gehört hat und sich durch diese fiktiven tatsachen, die ihm über jahrhunderte eingeredet worden waren so dermaßen erhaben über alles andere fühlt und dermaßen überlegen ist und sowieso alles weiß, alles erfahren kann und alles bestimmen kann und sowieso puh die spitze der evolution ist – und es dauert dann wieder mindestens genausoviele jahrhunderte ihm diese ganzen überheblichkeitsmasken und -hüllen wieder abzunehmen, es rauszuschälen aus seiner fiktiven existenz, um es in sein innerstes zu bringen, es seine essenz erkennen zu lassen. deshalb finde ich jedenfalls das NICHTS so sympathisch. wieso denn immer ETWAS, irgend ein zusatz, immer muss irgendwie etwas dazu kommen. wieso kann man nicht einfach mal damit anfangen etwas wegzulassen? ergo: es ist sicher nicht die krone, wohl eher die baseballkappe – wenn überhaupt – oder vielleicht auch nur ein haarreifen oder ein kleines minispangerl, der schöpfung – geht das eh noch als kopfbedeckung durch oder nicht? vielleicht ist es aber auch einfach nur eine kippa – ist das jetzt eine beleidigung? ich wollte einfach eine kopfbedeckung mit ganz wenig material und etwas, das wenig verdeckt – aber ja es stimmt ich brauche etwas weniger bedeutungsvolles, etwas wertloseres als vergleich – vielleicht ist es, sind wir ja nur das taschentuch der schöpfung und nicht mal das sondern einfach ein taschentuch? ein taschentuch das man sich, wenn man gerade nichts anderes bei sich hat, an einem heißen sommertag an dem man draußen sitzt und die selbstgemachte bio-zitronenlimonade von mama schlürft, auf den kahlkopf legt damit einen der sonnenstich nicht erwischt? ein tempo-taschentuch, oder ein feh oder ein softie oder eine drogeriemarkteigenmarke? oder vielleicht eins aus diesen spenderkartons? die sind so schön weich, aber halten nichts aus. oder vielleicht doch eine küchenrolle, eine zewa küchenrolle – das kann was. eben. aber weit entfernt von der krone. wer diesen schwachsinn wohl erfunden hat.
autorin: tanja peball
veröffentlicht in: perspektive – hefte für zeitgenössische literatur, ausgabe september 2016